DVF PORTFOLIO-WETTBEWERB

DIE GEWINNER DES JAHRES 2020


1. Platz - Manfred Kriegelstein - Goldmedaille

Prenzlauer Berg 1988

Als geborener Westberliner hatte man ja immer ein gespaltenes Verhältnis zum Ostteil der Stadt. Es war auch nicht so einfach von West- nach Ostberlin zu kommen. Zugegeben, umgekehrt war es noch schwieriger. Doch es gab einen kleinen Trick, indem man sich als Westberliner einen westdeutschen Reisepass besorgte.

Schon bei meinem ersten Besuch im Bezirk Prenzlauer Berg hatte mich dieser Bereich in Ostberlin sofort fotografisch in seinen Bann gezogen. Insgesamt war ich 1988 mindestens dreimal „drüben“, um zu fotografieren.

Übrigens gab es überhaupt kein Problem dort auch die Menschen abzubilden. Ich erinnere mich, dass sie sehr zugänglich waren und auch sehr gesprächsbereit und natürlich neugierig, um etwas über das Leben im „Westen“ zu erfahren.

Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl keiner im Traum daran gedacht, dass ein Jahr später die Mauer fallen könnte.

Dadurch, dass bald die „digitale Revolution“ uns Fotografen überrollte, haben die Dias mit dem typischen Kodak-Papprahmen ein Schattendasein in meinem Keller geführt. Bis ich mich ca. 30 Jahre später entschloss alles zu scannen. Die digitalen Möglichkeiten und die Qualität des FineArt-Drucks machten es möglich aus den ursprünglichen Diapositiven Aufsichtsbilder in einer Qualität herzustellen und einen persönlichen „Look“ zu geben, wie es zum Zeitpunkt der Aufnahme undenkbar war.

Wenn man sich die marode Situation des Bezirks im Jahre 1988 vor Augen führt, kann man sich kaum vorstellen, dass dieses Viertel heutzutage zu den bevorzugten Wohngegenden in Berlin gehört, in dem betuchte Schwaben gerne 5000€ und mehr pro Quadratmeter für Eigentumswohnungen bezahlen.

MANFRED KRIEGELSTEIN / MFIAP DGPh EMDVF/g



2. Platz - Magdalene Glück - Silbermedaille

Start in den Tag

Sie ist die älteste von 10 Kindern. Hat selber innerhalb von 4 Jahren 4 Kinder geboren.

Ihr sehr bescheidenes Leben bestand aus, kümmern, helfen, arbeiten ...

Auch heute noch ruhen ihre Hände selten.

Sie werden nicht so leicht eine Person finden, die so ausgeglichen, zufrieden, dankbar und lebensklug ist.

MAGDALENE GLÜCK


3. Platz - Klaus-Peter Selzer – Bronzemedaille

Schicht im Schacht

Der planmäßige Steinkohleabbau im Saarland begann bereits im 18. Jahrhundert und prägte seither das Leben hier. Generationen von Saarländern lebten vom Bergbau, der ihnen Arbeitsplätze, Wohlstand, aber auch ein hartes Leben brachte. Jedoch blieben auch die negativen Begleiterscheinungen mit der Zeit nicht aus. Bergbauschäden wie Verunreinigungen von Wasser und Luft, Risse in Gebäuden und Straßen hin bis zu Erdstößen, die eine Gefahr für Leib und Leben nicht ausschlossen, führten zu einer immer größeren Ablehnung des Kohleabbaus. Eine politische Entscheidung beendete dann am 30.6.2012 den Bergbau im Saarland. Die verbliebenen Bergleute fingen über und unter Tage mit dem Rückbau an. Heute stehen alle Maschinen still, die Schächte sind fast alle verfüllt, die Anlagen sind abgebaut und zum Teil verkauft. Übriggeblieben sind die aufgeräumten Gebäude, Gänge und Werkshallen. Alles steht in Reih und Glied. Es ist "Schicht im Schacht".

KLAUS-PETER SELZER / MFIAP EMDVF/s


4. Platz - Birgit Hantke - Urkunde

Lebensräume in Langa

Langa, das älteste Township Kapstadts (Südafrika), liegt etwa 15 km südöstlich vom Zentrum Kapstadts entfernt.

Schon seit langem plante ich den Besuch dieses Townships in Kombination mit einer Südafrikareise und hatte mit der Organisation ein Jahr vorher begonnen.

Bei meinem schließlich im September 2019 erfolgten Besuch des Townships und der dazugehörigen sogenannten „informellen Siedlung“, die vorwiegend aus Holzverschlägen und Wellblechhütten – auch „Shacks” genannt – besteht, wurde ich von einem dort geborenen und lebenden Guide begleitet. Ohne ihn wäre ein solcher Besuch nicht möglich gewesen. Kein Außenstehender betritt das Township ohne Gefahr, schon gar nicht mit einer auffallend großen Kamera.

Beginnend an einer der in Langa befindlichen Kirchen und den dort zum Gottesdienst strebenden Menschen begegnete ich unterschiedlichen Wohnformen und Lebensräumen, von denen in diesem im Street-Fotografie-Stil gefertigten Portfolio zwei aus dem Blickwinkel eines Besuchers gezeigt werden:

Zweistöckige, als „Hostel” bezeichnete, baufällige Backsteinhäuser. Nicht selten wohnen und schlafen sechsköpfige Familien in Räumen mit maximal 20 m2. Meist sind es etwa 16 Personen, die hier auf vier Zimmer und einen Gemeinschaftsraum verteilt leben. Immerhin sind Strom über ein Pre-Paid-System sowie Wasser verfügbar. Kühlschränke oder Waschmaschinen stellen eher seltenen Luxus dar. Es ist bemerkenswert, dass ein Hostelplatz in Langa begehrt ist, weil der hier angebotene Lebensstandard von den Bewohnern Langas als vergleichsweise gut empfunden wird.

„Shacks“, die – wie in allen Townships – am Rand des Township-Areals angesiedelt sind. Jede dieser Hütten bietet wiederum Raum für eine Familie und damit eine gefühlt größere Privatsphäre als dies „Hostels” ermöglichen.

Die abgebildeten Wohn- und Lebensräume werden stets mit den dort lebenden Menschen in nicht inszenierten Bezug gesetzt. Denn gerade diese Atmosphäre der unserer Wohlstandsgesellschaft weitestgehend fremden Welt und der Kontakt mit den dennoch freundlichen und hoffnungsfrohen Menschen des Townships hat mich intensiv berührt und nachhaltig beschäftigt.

BIRGIT HANTKE


5. Platz - Uwe Hantke - Urkunde

Béton brut - Das Corbusierhaus Berlin

Ja, das Corbusierhaus wirkt bisweilen hart, grau, klobig, brutal, anonym.

Man muss wie ich in diesem Haus gelebt haben, um es zu begreifen und zu schätzen. Von außen mag es wie ein unförmiger Kasten mit Farbklecksen wirken. Der von Le Corbusier umgesetzte Stil wird als „Brutalismus” bezeichnet – und dabei häufig falsch interpretiert. Hat doch der Begriff seinen Ursprung im französischen „béton brut” (roher Beton, Sichtbeton), dem von Le Corbusier bevorzugten Werkstoff.

60 Jahre nach der Errichtung des Corbusierhauses Berlin und rund 50 Jahre nach dem Auszug aus diesem Haus zog es mich zunächst eher zufällig hierhin zurück. Aber schon mit dem ersten Schritt auf das Gelände und erst recht in das Haus hinein wurden Erinnerungen aus meiner Kindheit geweckt. Einer Kindheit, die ich zu einem großen Teil in diesem Gebäude verbrachte. Erinnerungen, die schon vergessen schienen.

Und so umrundete und durchschritt ich das Haus, zunehmend von diesen Erinnerungen getrieben, mehr und mehr aber mit dem Blick auf die mit dem béton brut vorgenommene Baugestaltung. Auf den ersten Blick immer zweckmäßig, fast erschlagend, im nächsten Augenblick aber auch überraschend filigrane und unerwartete Details offenbarend. Häufig auch mit Narben im Betongesicht.

Die Fotostrecke wurde bewusst in Schwarzweiß gehalten, um dem im Fokus stehenden Sichtbeton mit diesem Portfolio Rechnung zu tragen. Es kann nicht annähernd die Gesamtheit dieses zur Internationalen Bauausstellung 1957 geplanten und errichteten und inzwischen unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes darstellen.

Ich entschloss mich daher einige markante Bereiche, beginnend mit der Südfassade auszuwählen. Die Fotostrecke führt den Betrachter weiter von der Südostseite und an den Pylonen vorbei, auf denen der Baukörper gegründet ist, über Treppenhäuser in das Haus. Funktionalität wird hier abgelöst von überraschenden Lichtspielen und „Lichtblicken“, die schließlich an die Nord-Ost-Seite des Corbusierhauses führen, wo die äußerste Wohnung zwischen Himmel und Erde zu schweben scheint.

UWE HANTKE


Jacqueline Hirscher - Annahme

Vater, Mutter, Kind

Die Familie ist das Rückgrat unserer Gesellschaft. Die anerkannte Form des Zusammenlebens und trotz hohen Scheidungsraten noch immer der „Normalzustand“. Jeder hat das freie Recht eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Elternschaft ist tatsächlich ein Menschenrecht. Für jeden in unserer Gesellschaft.

Ich habe die Familie G. aus Berlin schon öfter getroffen. Beim ersten Mal war der Sohn 3 Jahre alt und ein richtiger Wirbelwind. Wie konnten sie ihn bloß bändigen? Selbst Mutter von 2 Jungs kannte ich ungefähr die Bandbreite der Aktivitäten in dem Alter und hatte großen Respekt vor dem, was die Beiden zu bewältigen haben. Aber es sah gar nicht schwer aus.

Bei den weiteren Treffen sah ich dann auch, dass es irgendwie ähnliche Tagesabläufe und Probleme gab. Sicherlich in Nuancen unterschiedlich, aber nicht im Kern. Essen, spielen, schlafen und: Fußball. Die Nuancen sind dann z.b., die Hürden zu bewältigen, sich in einer Stadt wie Berlin zu bewegen. Zugeparkte Straßen und hohe Bordsteine nur als ein Hinweis. Will das Kind auf ein Gerüst klettern, geht das nicht ohne zusätzliche Unterstützung. Umstände, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Jetzt ist der Kleine in die Schule gekommen und die anderen Kinder staunen natürlich. Hier ist die Unterstützung der Lehrer und anderen Eltern nötig. Jeder weiß, Kinder können Monster sein - Mobbing ist aktuell ein großes Thema – für alle Eltern. Und es ist noch immer nicht „normal“, in einem Rollstuhl in einer Gemeinschaft zu sein. Zu lange wurden Menschen mit Behinderungen aus dem allgemeinen Leben rausgehalten. Das wandelt sich, aber nur langsam.

Was ich also erst auf den zweiten Blick gesehen habe, war die Liebe und Fürsorge der beiden ihrem Nachwuchs gegenüber. Das ist eigentlich normal und auch die Grundpfeiler jeder Elternschaft, ganz gleich ob bei Eltern mit und ohne Handicaps. Nach dem Staunen darüber, wie man Kinder in zwei Rollstühlen sitzend, bewältigen kann, kam die Erkenntnis, dass es eben geht, wenn oder weil man das will. Damit es normaler wird, wenn man es öfter und bewusster sieht, habe ich es fotografiert.

Ist Familie G. eine normale Familie? Ja! Sie brauchen nur breitere Türen.

JACQUELINE HIRSCHER


Peter Ludwig - Annahme

Ottensen

Die Bilder entstanden im Sommer 2019 im Hamburger Stadtteil "Ottensen". Die Doppelbelichtungen aus der Kamera sollen das Leben dieses Quartiers dem Betrachter nahebringen. Es sind jeweils Strassenszenen mit sich gegenüberliegenden Fassaden dargestellt. Jedes Foto spiegelt das Geschehen an einen einzelnen Ort wieder; das Leben zwischen zwei Hausfronten.

PETER LUDWIG / EFIAP


Klaus Schwinges - Annahme

Salzgärten - Weißes Gold

Die Landschaft ist flach wie ein Brett. Wiesen und Meer scheinen ineinander überzugehen. Verschlungene Wege, manchmal nur ein Trampelpfad, führen mich vorbei an schier endlosen schmalen Kanälen, die in größeren und kleineren Becken enden. Dann wieder Kanäle und weitere Becken. Darin nicht selten ein wunderschönes Farbenspiel. Hier ein kräftiges Gelb, dort ein zartes Rot. Eines der Becken wird durchzogen von bläulichen Linien, die an Adern erinnern.

Ich bin in einem der Salzgärten an der französischen Atlantikküste, die bereits vor vielen hundert Jahren angelegt wurden. In den Sommermonaten wird bei Flut frisches Meerwasser in große, flache Becken geleitet. Durch Sonne und Wind verdunstet das Wasser und die Konzentration der darin gelösten Salze steigt an. Zunächst fallen unerwünschte Anteile wie Gips aus und setzen sich ab. Die Sole durchfließt langsam weitere Becken, in denen der Salzgehalt ansteigt. Am Schluss dieser ausgeklügelten Kette ist der Salzgehalt so hoch, dass sich Salzkristalle absetzen und geerntet werden können.

Ein niedriger Standpunkt erlaubt es nicht, die Weitläufigkeit dieser Anlagen zu überblicken. Die Vielfalt der Strukturen, Formen und Farben, die Wege des Meerwassers durch die verschiedenen Becken und die Zusammenhänge - alles das erschließt sich am besten von oben.

KLAUS SCHWINGES / EFIAP/g  MPSA


Bilder und Bericht vom Jurytag

Der 3. DVF Portfolio-Wettbewerb mit einer Gesamtzahl von 40 eingereichten Werken wurde am 14. März im Clubheim des Fotoclubs Tele Freisen unter unserer Leitung juriert. Das Juryteam, bestehend aus den Medienfachleuten Pasquale d’Angiolillo (Saarländischer Rundfunk), Melanie Mai (Saarbrücker Zeitung), Yvan Piazza EFIAP und Lucien Paulus AFIAP (beide aus Luxemburg), bewertete die Arbeiten im bewährten Rundensystem nach vorheriger Sichtung. Die Begleittexte zu jeder Einreichung wurden jeweils verlesen und die Festlegung der Rangfolge erfolgte in freier Bilddiskussion. Nach einer dritten Bewertungsrunde lagen letztendlich noch acht Arbeiten vor, von denen fünf in die Auszeichnungsränge kamen und drei als Annahmen eingestuft wurden.

Alle nicht erfolgreichen Teilnehmer erhalten mit der Rücksendung ihrer Bilder eine Mitteilung über ihr persönliches Abschneiden.

Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Beiträge und gratulieren den erfolgreichen Autorinnen und Autoren zu ihrem Erfolg.

Franz Rudolf Klos
Wettbewerbsbeauftragter

Wolfgang Wiesen
1. Vizepräsident DVF

DVF Portfolio Fotowettbewerb 2020 - Statistik

Teilnahmebedingungen 2020

Die Teilnahmebedingungen können Sie sich über den nachfolgenden Link herunterladen:

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Anmeldung

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