Am 25.5.2018 tritt bekanntlich die neue EU-Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO) in Kraft, die sofort für alle Mitglieder der EU und deren Bürger und Unternehmen unmittelbar Anwendung findet. Dann tritt auch das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSGneu) in Kraft. Ob das, was mit der DS-GVO erreicht werden soll, nämlich eine Harmonisierung des europäischen Datenschutzrechts, tatsächlich erreicht wird, soll hier nicht vertieft werden, erscheint jedoch durchaus fraglich, bietet der Art. 85 den Mitgliedstaaten doch die Möglichkeit, von Ausnahmeregelungen durch entsprechende nationale Vorschriften Gebrauch zu machen, was einige Länder auch bereits getan haben. Hierzu an späterer Stelle mehr.
Zu konstatieren ist, dass die DS-GVO von vielen – und wieder einmal fühlen sich alle dazu berufen, im Internet meist in Ermangelung konkreter Kenntnisse konjunktivische Stellungnahmen abzugeben – als „Teufelswerk“ angesehen wird, welches kompliziert ist, viele Fragen offen lässt und insbesondere kleinere mittelständische Unternehmen und Handwerker, aber auch Verbände wie beispielsweise auch den Deutschen Verband für Fotografie e.V. (DVF), einen reinen Amateurverband, vor immense organisatorische und teils kostenaufwändige Anforderungen stellt.
Es würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, alle datenschutzrechtlichen Aspekte hier darzustellen. Im Folgenden möchte ich mich deshalb auf diejenigen Punkte beschränken, die für Fotografen von Interesse sind, wobei ich ausdrücklich hinzufügen muss, dass durchaus noch nicht alles klar ist, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass es im Internet viele und teilweise völlig konträre, teilweise auch abstruse Abhandlungen gibt. Die Inhalte der Abhandlungen reichen vom Abgesang der freien Fotografie bis hin zu der Beurteilung, dass Panikmache keinesfalls angebracht sei. Gerade aufgrund der angesprochenen Unklarheiten, die zum Teil noch bestehen, können meine nachfolgenden Ausführungen auch nur eine Wiedergabe des aktuellen Standes sein. Es bleibt letztlich abzuwarten, ob es noch Änderungen durch den nationalen Gesetzgeber gibt (was derzeit wohl nicht vorgesehen ist), wie sich die neuen Regelungen in der Praxis auswirken und wie die Rechtsprechung darauf reagieren wird.
Wo liegt aber nun die Wahrheit für Fotografen? Müssen wir uns tatsächlich von der freien Fotografie verabschieden und alle Fotos, auf denen Personen, wenn auch nur als sogenanntes „Beiwerk“, abgebildet sind, zukünftig unterlassen, und reduzieren sich die fotografischen Möglichkeiten damit tatsächlich auf Motive wie beispielsweise Blümchen, menschenleere Landschaften und Städte und Astrofotografie (natürlich ohne Abbildung von Marsmännchen)?
Bevor ich diese Frage in einem ersten Fazit beantworte, möchte ich ganz kurz auf die rechtliche Situation eingehen, die derzeit, also vor Inkrafttreten der DS-GVO, besteht, eingehen. Besitzern meines im Rheinwerk Verlag erschienenen Buches „Recht für Fotografen“, 3. Aufl. 2017, sei hierzu die Lektüre meiner Ausführungen zur Personenfotografie in Kapitel 3 nahegelegt, wo ich mich ausführlich mit den Aspekten der Personenfotografie und der hierzu vorhandenen, umfangreichen Rechtsprechung befasst habe. Für diejenigen, die das Buch (noch) nicht besitzen, hier eine kurze Zusammenfassung:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, kann schon die Herstellung eines Fotos ohne Einwilligung der fotografierten Person(en) rechtswidrig sein. In jedem Fall ist eine Veröffentlichung eines Fotos ohne Einwilligung der Person(en) gemäß § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) definitiv schon seit Inkrafttreten des KUG im Jahre 1907 rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine einmal erteilte Einwilligung in der Regel nicht bzw. nur unter ganz besonderen Umständen widerrufen werden.
Von dem Grundsatz, dass die Veröffentlichung eines Bildnisses grundsätzlich der Einwilligung bedarf, gibt es allerdings Ausnahmen, die im Einzelnen in § 23 KUG geregelt sind, und zwar in folgenden Fällen:
In diesen vier Ausnahmefällen ist eine Einwilligung der fotografierten Person nicht erforderlich.
Soweit, kurzgefasst, die heutige Situation.
Mit Inkrafttreten der DS-GVO am 25.5.2018 ist die Personenfotografie zunächst in einem anderen Licht zu betrachten. Dabei steht fest, dass das Fotografieren von Personen grundsätzlich eine Datenerhebung im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften darstellt. Denn personenbezogene Daten sind nach Art. 4 der DS-GVO:
„alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einen Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer online- Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Personen sind, identifiziert werden kann.“
Da digitale Kameras, in den EXIF-Dateien verschiedene Informationen speichern, manche Kameras über ein eigebautes GPS-Modul auch den Standort der Aufnahme festhalten, fällt die Fotografie, dies ist unstreitig, unter den Begriff der Datenerhebung. Aufatmen können allerdings die Analogfotografen, bei denen eine solche Datenerhebung per se nicht vorliegt.
Nach Art. 6 ist eine solche Datenerhebung grundsätzlich nur zulässig, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, die in Art. 6 ausdrücklich genannt werden. Dabei ist die Verarbeitung der Daten nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrages, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche (d.h. der Fotograf – Anm. des Verfassers) unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Für Fotografen sind insbesondere die Bedingungen a) und b), aber auch f) von Bedeutung.
Ausgenommen von den neuen Regelungen sind im Übrigen die Datenerhebung und -nutzung im privaten oder familiären Bereich oder in Bezug auf Daten von Verstorbenen. Insoweit findet die DS-GVO keine Anwendung. Dies ergibt sich unmittelbar aus den Erwägungsgründen zu der DS-GVO, wo es in Ziffer 18 heißt:
„Diese Verordnung gilt nicht für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die von einer natürlichen Person in Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten und somit ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen wird....“
Hinzu kommt, dass nach Art. 21 DS-GVO jede Person jederzeit berechtigt ist, aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, die aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Buchstaben e oder f erfolgt, Widerspruch einzulegen, worauf die Person spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation hinzuweisen ist.
Aus Vorgesagtem ergibt sich eindeutig, dass
und
Dies würde prima vista bedeuten, dass die Vorschriften des KUG hinter die DS-GVO zurücktreten würden, denn – wie oben gesehen – ist nach dem KUG eine Einwilligung vor jeder Aufnahme und eine Einwilligung bei Vorliegen der Ausnahmetatbestände des § 23 KUG nicht erforderlich, und der Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung ist in der Regel nicht möglich bzw. an sehr hohe Anforderungen (im Sinne eines besonderen Ausnahmefalls) geknüpft.
In der praktischen Konsequenz bedeutet dies beispielsweise, dass man vor dem Dom in Köln, einer touristisch äußerst stark frequentierten Sehenswürdigkeit, jede Person, die auf einem Foto abgelichtet würde, ansprechen und um Einwilligung bitten müsste, und dies zu Beweiszwecken am besten schriftlich und ganz sicherlich im Hinblick auf die Touristen auch gleich in mehreren Sprachen. Denn schon nach bisherigem Recht ist der Fotograf beweispflichtig für das Vorliegen einer Einwilligung, weshalb ihm die mündliche Einwilligungserklärung im Zweifelsfall nicht viel helfen dürfte, wobei Schweigen auch nicht als Einwilligung gilt. Was ist dann aber mit denjenigen Personen, die während des Aufnahmeprozesses hinzukommen, die man gar nicht mehr um Einwilligung bitten konnte, und die nun plötzlich ebenfalls im Bild sind? Oder was mache ich als Fotograf, wenn ich ein Bild mit Einwilligung der fotografierten Person bereits veröffentlicht habe, zum Beispiel in einem Buch oder einer sonstigen Publikation, und dann von der fotografierten Person den Widerruf der erteilten Einwilligung erhalte? Viele ähnliche Beispiele ließen sich noch aufzeigen.
Man erkennt unschwer den Irrsinn eines solchen Szenarios, welches jedoch die Konsequenz einer strikten Umsetzung der DS-GVO im Bereich der Fotografie wäre. Es verwundert deshalb nicht, dass – abgesehen von der praktischen Unmöglichkeit, ein solche Situation überhaupt zu beherrschen - angesichts eines solchen durchaus nicht unrealistischen Szenarios viele Fotografen völlig verstört und verunsichert sind. Hinzu kommt die Angst, im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen der DS-GVO mit Bußgeldern belegt zu werden, die in der DS-GVO mit bis zu 20 Millionen €, bei Unternehmen zwischen 2 und 4% des gesamten weltweit getätigten Jahresumsatzes, je nachdem welcher Wert höher ist, festgeschrieben sind. Dass dies dem ein oder anderen die Freude an der Fotografie nehmen wird, wenn dies tatsächlich so eintreten würde, ist nachvollziehbar.
Nach derzeitiger Kenntnis wird dies jedoch nicht eintreten, von einem derartigen Irrsinn werden wir Fotografen zum Glück wohl verschont bleiben!
Zunächst einmal regelt die DS-GVO selbst in Art. 6 Ausnahmetatbestände, sogenannte „Rechtfertigungstatbestände“. Dies sind unter anderem die oben zitierten Ziffern a) und b) des Art. 6. Derjenige Fotograf, der eine Einwilligung der abgebildeten Personen vorlegen kann und der Fotograf, der Personen aufgrund eines Auftrags (Vertragsverhältnisses) abgelichtet hat, handelt rechtskonform. Dass dies allerdings nicht den oben geschilderten Beispielsfall betrifft, liegt auf der Hand, weil es an Einwilligungen und erst recht an Verträgen fehlt.
Eingangs wurde jedoch bereits darauf hingewiesen, dass den nationalen Gesetzgebern in Art. 85 DS-GVO die Möglichkeit gegeben wurde, durch entsprechende Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß der DS-GVO mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken in Einklang zu bringen.
Damit berücksichtigen die Verfasser der Richtlinie einen möglichen Konflikt verschiedener Grundrechte, wie dem Datenschutzrecht auf der einen und beispielsweise dem Recht auf Meinungsfreiheit auf der anderen Seite. Hierzu heißt es in den Erwägungsgründen zur DS-GVO in Ziffer 4:
„Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte im Dienst der Menschheit stehen. Das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten ist kein uneingeschränktes Recht; es muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Diese Verordnung steht im Einklang mit allen Grundrechten und achtet alle Freiheiten und Grundsätze, die mit der Charta anerkannt wurden und in den europäischen Verträgen verankert sind, insbesondere Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Kommunikation, Schutz personenbezogener Daten, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren und Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.“
Von dem Recht, auf nationaler Ebene mit den jeweiligen Grundrechten abgestimmte Ausnahmeregelungen zu schaffen, hat beispielsweise Schweden Gebrauch gemacht. Im Gesetzentwurf der schwedischen Regierung vom 15.2.2018 heißt es hierzu:
„Die EU-Datenschutz-Grundverordnung sowie weitere Datenschutzgesetze finden in dem Umfang, wie sie gegen Presse- oder Meinungsfreiheit streiten, keine Anwendung.“
Auch der Gesetzgeber in Österreich hat nicht nur ein Privileg für die Verarbeitung personenbezogener Daten für wissenschaftliche, künstlerische und literarische Zwecke geschaffen und ausgewählte Teile der DS-GVO für auf diese Bereiche nicht anwendbar erklärt, sondern darüber hinaus auch den sogenannten „gemeinnützigen“ Organisationen, die im Auftrag betroffener Bürger Datenschutzverletzungen zur Anzeige bringen, das Wasser insoweit abgegraben, als diese keinen Schadensersatz verlangen dürfen.
In vielen Publikationen im Internet wurde zum Teil heftig kritisiert, dass der deutsche Gesetzgeber bislang „gewohnt untätig“ geblieben sei. Auch aus diesem Grunde ist vielfach Panikmache an die Stelle einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik getreten, was nicht weiter verwundert, wenn man berücksichtigt, dass auch Nichtjuristen in großer Zahl eine rechtliche Bewertung der Problematik vornehmen. Deshalb herrscht offenbar die Meinung vor, die Untätigkeit des Gesetzgebers, der keine Ausnahmeregelung nach schwedischem und österreichischem Vorbild geschaffen hat, führe nunmehr dazu, dass die Fotografen von der vollen Wucht der DS- GVO mit allen Konsequenzen getroffen werden.
Was dabei allerdings leider übersehen wird, ist die Tatsache, dass es nach Auffassung der Bundesregierung einer solchen Ausnahmevorschrift nicht bedarf, da es eine solche Ausnahmevorschrift bereits gibt, nämlich – man höre und staune – das KUG, von dem die überwiegende Zahl der Verfasser von Beiträgen im Internet fälschlicherweise behauptet, es werde von der DS-GVO verdrängt. Nicht ganz klar ist allerdings in diesem Zusammenhang, aus welcher Rechtsquelle die jeweiligen Verfasser diese Information ableiten.
Tatsächlich ist es nämlich so, dass die Bundesregierung offensichtlich ganz bewusst keine gesetzliche Ausnahmeregelung verabschiedet hat und das KUG als eine Ausnahmeregelung im Sinne des Art. 85 DS- GVO ansieht mit der Folge, dass das KUG gerade nicht von der DS-GVO verdrängt wird, sondern dieser vielmehr als Spezialgesetz dieser vorgeht. Ich zitiere in diesem Zusammenhang zwei Antworten aus dem Bundesinnenministerium zu entsprechenden Anfragen:
Hierzu gibt es auch einen Beitrag auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat: Was ändert sich mit der Datenschutzgrundverordnung für Fotografen?
Update 03.06.2018: der ursprüngliche Link (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/it-digitalpolitik/datenschutz/16-datenschutzgrundvo-fotografien.html) zum BMI ist leider nicht mehr gültig, worauf wir keinen Einfluss haben. Auf der Seite "FAQs zur Datenschutz-Grundverordnung" werden Sie jedoch unter der Überschrift "Unter welchen Voraussetzungen ist das Anfertigen und Verbreiten personenbezogener Fotografien künftig zulässig?" wieder fündig:
Wir zitieren den Inhalt mit dem Stand vom 3. Juni 2018:
Nur in einem Punkt muss ich allerdings der vorstehend zitierten Darlegung widersprechen: es war – schaut man sich die höchstrichterliche Rechtsprechung an - eben bislang nicht so, dass man eine erteilte Einwilligung jederzeit widerrufen kann. Diese Aussage ist schlicht und ergreifend falsch. Es gibt vielmehr eine ganze Reihe höchstrichterlicher Entscheidungen, in denen der Widerruf trotz teilweise nachvollziehbarer gründe der betroffenen Personen im Sinne der Rechtssicherheit als unzulässig erklärt wurde.
In einer Antwort aus dem gleichen Ministerium auf die Frage des Abgeordneten Sören Pellmann vom 24.4.2018 heißt es:
Anmerkung: Die fettgedruckten Hervorhebungen stammen vom Verfasser dieses Artikels.
Natürlich wäre es wünschenswert gewesen, wenn es einen ausdrücklichen gesetzlichen Hinweis seitens der Bundesregierung gegeben hätte, dass die Regelungen des KUG den Regeln der DS-GVO vorgehen, was sich nunmehr aus beiden Stellungnahmen eindeutig ergibt. Dann wäre vielen Falschinformationen im Internet von vornherein der Boden entzogen worden, und die Beunruhigung über schlimmste Konsequenzen der neuen datenschutzrechtlichen Bestimmungen für Fotografen hätte sich vermutlich in überschaubaren Grenzen gehalten.
Man darf daraus jedoch den Schluss ziehen, dass sich für Fotografen mit der Einführung der neuen datenschutzrechtlichen Bestimmungen am 25.5.2018 nicht viel ändern wird. Die Bundesregierung steht weiterhin zu dem bewährten KUG, das in ausgewogener Weise die Interessen von Fotograf und fotografierter Person angemessen berücksichtigt, und vertraut auf die bislang sehr ausgewogene Rechtsprechung zu dieser Thematik.
Was meiner Meinung nach allerdings passieren könnte, wäre eine endgültige Festlegung der ohnehin schon bestehenden Tendenz der Rechtsprechung, dass schon vor der Herstellung eines Bildnisses, und nicht erst vor dessen Veröffentlichung eine Einwilligung eingeholt werden muss. Denn insoweit, dies sei wiederholt, bezieht sich das KUG nur auf eine Einwilligung zur Veröffentlichung, wenn also die Datenerhebung bereits erfolgt ist. Insoweit kann das KUG der DS-GVO logischerweise nicht vorgehen. Man muss also möglicherweise davon ausgehen, dass man Personen nicht mehr ohne deren Einwilligung mehr fotografieren darf. Dies wiederum gilt nicht für die Personen vor dem Kölner Dom (siehe Beispielsfall) oder Personen bei Veranstaltungen, denn hier greifen die Ausnahmetatbestände des § 23 KUG ein, wonach eine Einwilligung nicht erforderlich ist.
Denn wenn solche Fotos veröffentlicht werden dürfen, dürfen sie auch hergestellt werden, sonst würde die Vorschrift des § 23 überhaupt keinen Sinn machen. Ich meine aber, dass diese mögliche Verschärfung durchaus hinnehmbar und auch sinnvoll ist, berücksichtigt man, dass fotografierte Personen keinerlei Kontrolle mehr darüber haben, was später mit den Fotos, auf denen sie abgebildet sind, passiert. Dies ist auch der Grund, weshalb die Rechtsprechung in Deutschland und Österreich festgelegt hat, dass schon die Herstellung von Personenfotos ohne Einwilligung der fotografierten Person rechtswidrig sein kann. In Deutschland wurde dies beispielsweise für Akt- oder Nacktfotos so entschieden.
Dies gilt im Übrigen sowohl für die Amateurfotografie als auch für die gewerbliche Fotografie, hier ist keine Differenzierung geboten, wobei sich gewerbliche Fotografen in vielen Fällen im Zweifel ohnehin unmittelbar auf die Rechtfertigungsgründe in Art. 6 der DS-GVO berufen können, denn sinnvollerweise sollten sie stets einen schriftlichen Vertrag mit ihrem jeweiligen Auftraggeber vorweisen können, in welchem die datenschutzrechtlich gebotenen Einwilligungserklärungen mit den erforderlichen Belehrungen enthalten sind.
Was allerdings Berufsfotografen ggf. zu beachten haben, sind die formellen Voraussetzungen, die in der DS-GVO hinsichtlich der Datenerhebung und Datenspeicherung enthalten sind, beispielsweise die Sicherheit der Verarbeitung, die Erstellung eines Verzeichnisses über die genauen Verarbeitungstätigkeiten, eine Datenschutz-Folgenabschätzung (Risikobewertung), die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten (je nach Größe des Unternehmens) etc. Auf diese Aspekte kann an dieser Stelle allerdings nicht näher eingegangen werden.
Abschließend möchte ich anmerken, dass meine vorstehenden Ausführungen nur für die Rechtssituation in Deutschland gelten und den derzeit aktuellen Stand wiedergeben. Es kann durchaus sein, dass in anderen Ländern, ich denke beispielsweise an das wenig fotografenfreundliche Frankreich (zumindest in Paris), die DS-GVO strikt umgesetzt wird und deshalb bei der Personenfotografie, auch wenn die Personen nur Beiwerk sind, erhöhte Vorsicht geboten ist. Schließlich war es auch Frankreich, das sich vor zwei Jahren im EU- Parlament für die Abschaffung der Panoramafreiheit stark gemacht und einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht hat, der gottlob keine Mehrheit gefunden hat.
Letztlich ist hier – wie auch in Deutschland - jedoch die weitere Entwicklung noch abzuwarten, alles andere wäre reine Spekulation.
Mein zusammenfassendes Statement:
Liebe Fotografen, macht so weiter wie bisher und verfallt bitte nicht in Panik. Lediglich sollte spätestens ab dem 25.05.2018 bereits bei der Herstellung eines Personenfotos eine Einwilligung der fotografierten Person vorliegen. Ich bin persönlich aber auch der Meinung, es gebietet schon der Respekt, andere Menschen nicht ohne deren Einverständnis zu fotografieren.
WOLFGANG RAU
Präsident und Justitiar des Deutschen Verbandes für Fotografie e.V. (DVF)