DVF-Journal 05/2022
Neues, Eigenes – jenseits der übli- chenWettbewerbsbilder? Der „Fri- sche Bilder“ Wettbewerb (DVF- Journal 3/22) machte denVersuch Neues herauszulocken. Daran lässt sichweiter arbeiten.Aber wie,schon Gesehenes zu Neuem machen, an- dere Motivideen finden? Antwort, wie sich in einem Flow-Erlebnis Be- sonderes schaffen läßt,hat die Buch- autorin („Flow – Fotografieren als Glückserlebnis“) Dr. Pia Parolin ge- geben. Das DVF-Journal hat mit ihr übers „Fließenlassen“ gesprochen. Dr. Pia Parolin: das „Fließenlassen“ in der Fotografie Im Flow-Erlebnis Eigenes schaffen Liebe Pia, in Ihrem Buch sprechen Sie über mentalen Flow.Was ist gemeint? Ja, mir fiel auf, dass ich oft mit diesem wunder- bar konzentriertenTunnelblick arbeite. Ich tau- che dann komplett in eine Parallelwelt ein,in der es nur mein Projekt und mich gibt und ich alles andere auf my- steriöse Weise aus- blende.Das wollte ich besser kennenlernen und fand heraus, es ist ein gut untersuchter mentaler Zustand,der sich da physiologisch durch das Fließen von Glückshormonen einstellt. Im Flow bin ich völ- lig in meinem Element, er befeuert meine Kon- zentration und Kreativität und ich habe großen Spaß. So stoße ich leicht auf tolle neue Ideen. Wie lässt sich der Flow abrufen? Der mentale Flow ist verantwortlich für den Antrieb,mich lange und intensiv mit einerTätig- keit zu beschäftigen.Somit ist meine intrinsische Motivation schonmal grundlegend: ich sollte INTERVIEW (Bild li.) Kennst du die Situation? Plötzlich siehst du etwas Ungewohntes, etwas wirklich Kurioses. (Bild re.) Die Pfütze kopiert den Himmel. Wirk- lich? Das, was sie widerspiegelt, ist anders. Fotografin und Buchau- torin Dr. Pia Parolin mich für meinThema interessieren, dafür bren- nen.Wenn ich meinThema klar vorAugen sehe, muss ich ein inneres Gleichgewicht spüren:zwi- schen demAusmaß der Anforderung und der Höhe meiner Fähigkeiten.Stimmt das Gleichge- wicht nicht,bin ich überfordert oder gelangweilt. Dann fließt kein einziges Glückshormon.Auch darf ich nicht aus der Ruhe gebracht werden. Kann der Flow zu besseren erfolgrei- cheren Fotos führen und wenn, wie? Flow führt auf Umwegen zu gelungenen Bildern, weil ich aus der Lust und der Ausdauer in die- semmentalen Zustand heraus bei der Sache bin. Ich fühle mich voller Freude,kreativ und locker, geduldig,zielstrebig und fokussiert.Natürlich ist nicht jedes im Flow geschossene Bild automa- tisch qualitativ besser. Der Flow sorgt aber für die Motivation zu üben,steigert die Geduld und das Durchhaltevermögen.Wenn sich durch Übung die Fähigkeiten verfeinern, werden un- weigerlich irgendwann die Bilder besser. Funktioniert der Flow nur alleine? Alleine fühle ich mich oft kreativer, aber wenn ich mit anderen zusammen bin und austausche, komme ich auf ganz neue Ideen, die mir alleine so nicht ein- gefallen wären.Aus wissenschaftlicher Sicht kann Flow gut in der Gruppe ent- stehen.Man kommt gemeinsam in diesen „groove“, das geht in der Musik genauso wie in der Fotografie. Haben Sie ein praktisches Beispiel? Ich mache gerne Streetfotografie.Wenn ich an einer Straßenecke den richtigen Spot gefunden habe und ein bunt bekleideter Mensch nach dem anderen in meinen vorgewählten Bildausschnitt tritt und die Farben nur so sprühen,komme ich leicht in einen Flow. Das geht aber auch wenn ich mich mit jemandem zum Portraitieren ver- abrede.Wenn die Chemie zwischen uns stimmt, haben wir gemeinsam eine super Idee nach der nächsten und spielen fotografisch in Kreativität gemeinsam – da sind wir beide im Flow. Haben Sie noch zwei Fototipps? Es gibt zwei Schlüsselelemente: die Lust an der ständigen Entwicklung zu behalten.An einThe- ma dranzubleiben, der Austausch mit anderen und ebensoAusstellungsbesuche.Das hält mei- ne Motivation am Laufen. Ich entwickle mich immer weiter, bleibe dran. Dazu lässt sich der Flow gut nutzen. Und es verhilft auf Dauer zu einer viel besseren fotografischenAusbeute. Danke fürs Gespräch! „Wie du deine Kreati- vität freisetzt und bessere Fotos im Flow machst“, das erklärt die Fotografin Dr. Pia Parolin in ihrem für den Deutschen Foto- buchpreis nominier- ten Buch. Seite 10 DVF-journal 5 | 2022 Zu diesem Interview siehe auch dpunkt.verlag Buchgewinnaktion „Flow – Fotografieren als Glückserlebnis“ von Pia Parolin auf Seite 30. Mehr über die Fotografin Dr. rer. nat. habil. Pia Parolin auf ihrer Website www.piaparolin.com FLOW IN DER FOTOGRAFIE Fotos (3): Pia Parolin Jeder kann in einen Flow kommen, bei verschiedenen Aktivitäten und beim Fotografieren.
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